Wir bitten Dich, erhöre uns.

von Livia Sold und Harald Schwalbe

Das Ende des „Wortgottesdienst-Teils“ in der Eucharistiefeier bildet das Element, das wir heute betrachten wollen: Die Fürbitten.





Fürbitten... was wird da eigentlich gemacht?

Der Name ist Programm: Wir bitten. Für jemanden oder um etwas.

Und es muss gar nicht immer der Weltfrieden sein oder eine Bitte für die Armen, Alten und Kranken. Vielmehr sind die Fürbitten ein Gestaltungsrahmen, in dem sich buchstäblich jeder mit seinen Anliegen im Gottesdienst einbringen kann. Natürlich gibt es auch Fürbitten zum Vorlesen in Büchern, auch im Gotteslob, unserem Kirchenliederbuch, aber oft werden sie vom Priester oder anderen an der Gestaltung des Gottesdienstes Beteiligten geschrieben. Und da zeigt sich schon eine Besonderheit: Im Gegensatz zu vielen Gebeten im Verlauf des Gottesdienstes sind die Fürbitten jeden Sonntag individuell und neu.

Oft nehmen sie Bezug auf das Thema des Gottesdienstes, auf die gelesenen biblischen Texte, auf Inhalte aus der Predigt oder tagesaktuelle Anlässe aus dem Orts- und Weltgeschehen.

Woher weiß die Gemeinde eigentlich, was sie bei den Fürbitten sagen soll?

Fürbitten haben eine dialogische Form, sie sind ein Antwortgebet. Eine/r trägt vor und die Gemeinde antwortet in einer festgelegten Form. Manchmal gibt es vor der ersten Fürbitte eine kurze Hinführung auf das Thema und noch ein kurzen Abschlusstext am Ende.

Was die Gemeinde sagen soll, das gibt der/die Vortragende nach der ersten Fürbitte vor. Einer der häufigsten Antwortsätze der Gemeinde ist: „Wir bitten Dich, erhöre uns.“ Oder auch oft sagt der Vortragende „Christus höre uns.“ und die Gemeinde antwortet: „Christus erhöre uns.“ Im Prinzip ist es aber frei, was gesagt wird. Auch da: Platz für Gestaltung!

Wieviele Fürbitten müssen es denn sein?

Gelesen werden meistens ungefähr fünf Fürbitten, aber die Zahl ist nicht festlegt, es können auch nur drei oder auch mehr als fünf sein. Jeder kann vortragen. Oft trägt die Person vor, die an diesem Sonntag Lektorendienst hat. In besonderen Gottesdiensten können es auch andere Personen sein, die eine Rolle oder ein Anliegen im Gottesdienst haben, z.B. die Erstkommunionkinder oder die Eltern der Erstkommunionkinder, oder die Taufpaten oder die Trauzeugen oder die Firmlinge oder Mitwirkende aus dem jeweiligen Vorbereitungsteam... wer vortragen kann und möchte, der darf.

Manchmal werden auch freie Fürbitten formuliert - dafür wird eine kurze Einleitung gesprochen und alle Anwesenden können ganz frei in den Raum gesprochen ihre Bitte vor Gott bringen.

In den Regeln für Wortgottesdienstbeauftragte wird ein Rahmen für die Fürbitten empfohlen. Die vierte Fürbitte sollte für die Not sein, in der letzten Fürbitte soll für die Verstorbenen gebetet werden, so die sicher guten Empfehlungen. Die Empfehlungen sollen unsere Sicht weiten.

Warum werden Fürbitten überhaupt gesprochen?

Fürbitten sind ein solidarisches Element. Es geht um Anliegen, die vielen wichtig sind, aber auch ganz persönliche Bitten sind möglich, und die Anwesenden geben mit ihrer Antwort im Wechselgebet ihre Unterstützung dazu. Oder es geht vielleicht um etwas Größeres wie eine Bitte für die Politiker, die in unserem Land Verantwortung übernehmen, wenn zum Beispiel ein Wahlsonntag ist. Kein Anliegen ist zu klein oder zu groß - wir bringen unsere Bitten vor Gott und vertrauen darauf, dass er uns hört.

Die Dialogform schafft Verbundenheit in gemeinsamen Anliegen. Wir wollen uns gegenseitig unterstützen, und es ist uns auch wichtig, dass wir den Kreis größer ziehen als die eigene Betroffenheit reicht. Wir sind verbunden im Gebet mit allen Menschen auf der Welt und wollen uns einsetzen dafür, dass wir gut zusammenleben, die Erde bewahren, aufmerksam für die Belange anderer sind. In den Fürbitten denken wir über unsere eigenen Bedürfnisse hinaus.

Und funktioniert das denn?

Die Fürbitten sind ein Gebet und im Wort Gebet steckt „Bitten“. Wir bitten Gott um seinen Beistand, seine Hilfe, seinen Segen, seine Unterstützung in unseren Anliegen, Sorgen, in Angst und schwierigen Situationen, bei Krankheit, wenn der Tod uns begegnet, wenn wir trauern, oder hoffen, wenn wir neu beginnen oder wir unsere Anteilnahme ausdrücken wollen. Und ob die Bitte mit ein paar unsicheren Worten und klopfendem Herzen oder in geübter Form in geschliffenen Sätzen vorgetragen wird, Gott hört sie alle gleich.

Dass wir bitten, heißt nicht, dass der erbetene Weltfrieden dann morgen endlich da ist, aber wir glauben daran, dass Gott die Bitten hört, die an ihn gerichtet werden. Es ist weniger etwas wie Bestellen und die Lieferung bekommen, eher ein Rufen um Hilfe, wo ich zu klein bin, um es aus eigener Kraft zu schaffen.

Machen Sie mit!

In unserer Kirche liegt seit Kurzem ein Fürbittenbuch aus, in das Sie Ihre Anliegen und Bitten an Gott eintragen können.

Die gesammelten Fürbitten werden am Ende eines Monats in einem Gottesdienst vorgetragen.

Mein persönliches Gefühl

Jeden Sonntag ist es spannend für mich (Livia), worum es diesmal gehen wird.

Ich möchte immer wieder, ganz bewusst, den Blick über den Tellerrand hinaus bekommen. Dafür helfen mir auch die Fürbitten am Sonntag. Sie sind eine Aufforderung an mich und rücken mir ins Blickfeld, was mir im Alltag und Nachrichtengetöse so leicht untergeht. Oft ist es so, zum Beispiel wenn wir für Betroffene eines Unglücks beten, dass es dieser Moment ist, der mir klar macht, dass es Menschen sind, um die es geht, nicht nur eine Nachricht. Es ist nicht egal, wie es anderen geht und was um mich herum oder auch weit weg von mir geschieht.

Und die Fürbitten sind ein Trost für mich, dass auch andere buchstäblich dafür aufstehen, was mir oder für mich wichtig ist. Ob, oder besser gesagt: -wie-  Gott unsere Bitten erhört, das weiß ich nicht. Aber Gemeinschaft im Gebet ist für mich etwas, das trägt. (LS)

Mein persönliches Gefühl

Für mich (Harald) ist Maria meine wichtige Fürsprecherin. Im Ave Maria darf ich bitten: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes.“

Die Gemeinsamkeit ist wichtig. In den Fürbitten kann ich Trost finden, auch wenn die Größe, die Tragik einer Situation, meinen eigenen Horizont übersteigt. (HS)